Interviewreihe:
Mütter in der Politik
Frauen in der Politik haben es oft schwerer als ihre männlichen Kollegen. Im Bundestag haben sie mit Sexismus zu kämpfen. In der Kommunalpolitik sind sie massiv unterrepräsentiert. Noch schwieriger wird es, wenn die Frauen Kinder haben. Damit aber fließen die Interessen und Erfahrungswelten von Müttern nicht oder nur zu unzureichend in politische Entscheidungsprozesse. Über Wahlen hinaus haben Mütter nur wenig Chancen auf politische Teilhabe. Dennoch schaffen es einige Frauen Kindererziehung und Berufstätigkeit mit politischer Arbeit zu vereinbaren. Mit dieser Interviewreihe gebe ich euch einen kleinen Einblick in ihren Alltag. Schließlich möchte ich mehr Mütter dazu ermutigen, sich politisch zu engagieren.
Den Anfang macht…
Katharina Blank von der Partei DIE LINKE:
MuG: Liebe Katharina, du sitzt für DIE LINKE Rhein-Sieg im Vorstand. Was hat dich persönlich dazu bewegt, in die Politik zu gehen?
Katharina: Immer nur zu meckern bringt nichts und das Tolle an Demokratie ist ja, dass man mitmachen kann, ob das nun in einer Partei ist, in Organisationen oder sonst was.
MuG: Außerdem bist du Abgeordnete in der Kreistagsfraktion. Wie sieht dort deine politische Arbeit aus?
Katharina: Wir haben regelmäßige Fraktionssitzungen, die aktuell online stattfinden. Dort wird aus den Ausschusssitzungen berichtet und zukünftige Ausschüsse besprochen, ebenso Anfragen und Anträge. Die Kreistags- und Ausschusssitzungen finden in Siegburg statt. Ich selbst habe bisher zwei Anfragen an den Landrat gestellt
, eine zum Erhalt des Wildgartens in Brenig und eine zur Möglichkeit der Einrichtung der allgemeinen Behördennummer 115 für den Rhein-Sieg-Kreis.
MuG: Aktuell liegt der Anteil von Frauen in den Kommunalparlamenten in NRW bei durchschnittlich nur 25 bis 30 Prozent. 91 Prozent aller Bürgermeister in Deutschland sind männlich. Woran liegt das?
Katharina: Das sind vermutlich die gleichen Gründe wie auch in anderen Bereichen mit sehr geringem Frauenanteil wie z.B. der Forschung und sehr komplexe. Eine Rolle spielen sicher immer noch die klassischen Geschlechterstereotype von Mann und Frau. Frauen wird es gesellschaftlich oft immer noch zugeschrieben, eher zurückhaltend und ruhig zu sein, was zu Selbstunterschätzung führt, während das Klischee des Mannes das des kompetenten Machers ist und damit als Repräsentant prädisziniert. Darüber hinaus denke ich, dass es ein längerer Prozess ist, homogene Gruppen diverser zu gestalten. Es wirkt zum Beispiel sicher auf einige Frauen auch abschreckend, wenn sie dazu kommen und im Extremfall einen Club alter weißer Männer vorfinden. Daher halte ich die Frauenquote auch für einen richtigen Schritt auf dem Weg zur Geschlechtergerechtigkeit.
MuG: Nun bist du nicht nur Politikerin, sondern auch berufstätig und alleinerziehende Mutter eines Kleinkinds. Welche Herausforderungen kommen da täglich auf dich zu?
Katharina: Ich denke das sind die gleichen Herausforderungen wie bei vielen Müttern, allem voran das nötige Zeitmanagement und man muss sich wohl damit abfinden, nicht alles zu 100% perfekt zu erledigen. Auf jeden Fall ist oft Improvisation gefragt – aber hey, so bleibt der Geist flexibel. Aber es ist wirklich ohne andere Menschen nicht machbar. Sei es eine Schulung auf der Arbeit oder eine Sitzung, es muss nun mal jemand das Kind betreuen.
MuG: Spielt deine Mutterschaft eine Rolle bei deiner politischen Arbeit?
Katharina: Konkret eher weniger. Indirekt schon, seit ich Mutter bin, nehme ich einiges gelassener als früher und man hat natürlich einen direkteren Blick auf Themen wie KiTa/Bildung.
MuG: Die Corona-Krise hat gezeigt, dass die Interessen von Müttern keine politische Priorität besitzen. Was muss sich verändern, damit Mütter mehr Einfluss nehmen können?
Katharina: Mütter können nur Einfluss nehmen, wenn sie sich aktiv einbringen und einbringen kann sich nur, wer Kapazität hat. Die Geschlechterungerechtigkeit insbesondere was die Care-Arbeit angeht, hat sich durch die Pandemie massiv zugespitzt und ich hoffe sehr
, das das ein Kippmoment ist. Auch private Fürsorgearbeit muss entsprechend anerkannt werden. Gerade das Thema Mental Load finde ich echt spannend, da muss noch viel passieren.
MuG: Mit der Pandemie hat die Bedeutung von Video-Konferenzen zugenommen. Könnte das auch eine Chance für mehr Teilhabe der Mütter sein?
Katharina: Ja
, das sehe ich so, es kann durchaus eine zeitliche Entlastung sein, wenn die Anfahrt wegfällt und je nachdem kann man sogar ohne zusätzliche Betreuungsperson auskommen.
MuG: Angenommen mehr Mütter besäßen politische Führungspositionen. Was würde sich verändern?
Katharina: Schwierig, dass zu verallgemeinern, weil Mütter ja auch ganz unterschiedliche politische Ansichten haben. Vielleicht wäre es wirklich so, dass Betreuung neu gedacht würde, z. B. Kitabeiträge abgeschafft. Im Endeffekt sind auch bei gemeinschaftlicher Veranlagung oft die Mütter, die die Kitabeiträge bezahlen, weil der Mann mehr verdient, der 35h-Platz sich finanziell nicht lohnt, wenn die Frau mehr arbeitet, übt die Frau weniger Erwerbsarbeit aus und bekommt die Rechnung später bei der Rente. Vielleicht würde auch ein Bedingungsloses Grundeinkommen eingeführt werden. Es würde bei vielen den finanziellen Druck nehmen, nach einem Jahr Elternzeit direkt wieder arbeiten zu müssen und leider sind noch immer zu viele Frauen finanziell von Männern abhängig, gerade wenn ein Kind dazu kommt.
MuG: Vielen Dank, dass du dir die Zeit genommen hast, meine Fragen zu beantworten!