Habt ihr schon einmal von dem Begriff „Emotional Labor“ gehört? Er wird im englischsprachigen Raum häufig für „Invisible Labor“ genutzt, also unsichtbare Beziehungsarbeit. Darunter fallen die täglichen, kleinen Anstrengungen, die nicht auffallen, ohne die aber jede Beziehung irgendwann auseinanderfallen würde.
Nicht nur in der Partnerschaft ist diese Arbeit essenziell, um die Beziehung intakt zu halten, sondern vor allem auch in Familien mit Kindern. Kinder brauchen täglich eine große Portion Aufmerksamkeit und Zuwendung. Je jünger sie sind, desto mehr davon.
Meine Kinder sind inzwischen in einem Alter, in dem sie nicht mehr 24/7 emotional begleitet werden müssen. Dennoch brauchen sie, bevor sie Abends einschlafen können, noch immer ganz viel Nähe. Es wird vom Tag erzählt, viel geküsst und gekuschelt und noch dies und das gemacht und gewollt, um die Zeit, bevor ich ein letztes Mal „Gute Nacht“ sage, noch etwas zu verlängern.
Ich genieße diese gemeinsame Zeit am Abend mit meinen Kindern. Doch das heißt nicht, dass sie nicht auch manchmal anstrengend ist. Feierabend ist erst, wenn der letzte Gute-Nacht-Kuss gegeben und der letzte Schluck Wasser getrunken worden ist. Ja, das „ins Bett bringen“ gehört definitiv zur täglich anfallenden Arbeit in einer Familie.
Emotionale Arbeit ist aber auch tagsüber wichtig, wenn es darum geht, Streit zu schlichten, bei Enttäuschungen oder kleinen Blessuren zu trösten oder zwischendurch einfach mal in den Arm zu nehmen. Es sind diese vielen kleinen Aufmerksamkeiten, die einer Beziehung Halt geben und Vertrauen schaffen. Etwas, das gerade bei Kindern wichtig ist, um sie emotional stabil und mental gesund zu halten.
Im besten Fall haben Kinder mehrere Bezugspersonen, an die sie sich wenden können, wenn sie aufgebracht oder traurig sind. In der Regel sind es die Eltern, die als wichtigste Bezugspersonen die emotionale Arbeit leisten. Was ist aber, wenn nur ein Partner diese Arbeit leisten will oder kann? Dann entzieht sich der andere Elternteil seiner Verantwortung für die emotionale Gesundheit seines Kindes zu sorgen. Und jenes Elternteil, das die emotionale Arbeit alleine macht, trägt auch die Verantwortung alleine.
Es bedeutet, immer der erste Ansprechpartner zu sein. Es bedeutet oft, alles stehen und liegen zu lassen, weil Gefühlsausbrüche keinen Aufschub dulden. Sich nicht entziehen zu können. Selbst täglich emotional stabil genug zu sein. Es bedeutet, jeden Tag ausreichend Energie zu haben, um den notwendigen Halt zu geben. Oft bedeutet es, die fehlende emotionale Reife des Partners noch kompensieren zu müssen. Es bedeutet, immer stark sein zu müssen – der mentale Fels sein zu müssen, an der sich die gesamte Familie festhält. Eine unmögliche Aufgabe.
Das sind jene Selbstverständlichkeiten, die keiner sieht, über die wir aber sprechen müssen. Weil es natürlich Kraft und Energie für Anderes raubt. Emotionale Arbeit ist nicht immer, aber sie ist oft sehr anstrengend und anspruchsvoll. Gerade wenn es nur ein Elternteil leisten kann oder möchte.
Emotionale Arbeit ist wie Kleber, der alles zusammenhält- doch man sieht ihn nicht. #invisiblelabour #unsichtbareArbeit